Ihr Kind soll operiert werden oder muss eine unangenehme Untersuchungssituation bewältigen, welche die Betreuung durch einen Facharzt für Anästhesiologie ("Narkosearzt") nötig macht.
Über die Grundlagen und den Ablauf einer Narkose/Anästhesie möchten wir Sie hier vorab informieren.
Kinderanästhesisten haben eine besondere Ausbildung und klinische Erfahrung in der Narkoseführung bei Kindern, die über die normale 6-jährige Facharztausbildung inklusive Intensivausbildung hinausgeht. Ihre Aufgabe ist es, Ihr Kind möglichst schmerzfrei, sowie stressfrei und stabil durch die benötigte Behandlung, Untersuchung oder Operation zu führen. Dies kann entweder durch eine Allgemeinanästhesie *1) (Schlaf- und Schmerzmittelgabe über einen intravenösen Zugang mit und ohne zusätzliche Einatmung von Narkosegasen) unterschiedlicher Tiefe oder eine Regionalanästhesie *2)(örtliche Schmerzausschaltung durch Injektion von Lokalanästhetika meist kombiniert mit einer Allgemeinanästhesie unterschiedlicher Tiefe) bewerkstelligt werden. In jedem Fall werden Schlafzustand, Kreislauf-und Atemfunktionen, Harnausscheidung und Körpertemperatur engmaschig überwacht und gegebenenfalls entsprechend korrigierend eingegriffen. Bei größeren Eingriffen werden zusätzlich regelmäßig Blutuntersuchungen durchgeführt, um den Bedarf an Flüssigkeitszufuhr, speziellen Medikamenten und eventuellen Bluttransfusionen rechtzeitig erfassen zu können.
Ein Anästhesist wird Sie und Ihr Kind zum sogenannten "Prämedikationsgespräch"*3) einladen. Dies geschieht entweder bereits im Vorfeld des geplanten Eingriffs in der Anästhesie Ambulanz, oder am Tag der Aufnahme auf der Station, wo Sie mit Ihrem Kind betreut werden.
Dabei wird die genaue Krankengeschichte (Anamnese) mittels eines Fragebogens erhoben, mitgebrachte Voruntersuchungen/Befunde *4) bewertet und Ihr Kind wird vom Anästhesisten körperlich untersucht.
Infektionen der Atemwege *5)(Schnupfen, Husten, Lungenentzündung) erhöhen das Risiko für Beatmungszwischenfälle. Diese können in sehr seltenen Fällen schwerwiegend sein. Infekte der Atemwege sind ein Grund einen geplanten Eingriff zu verschieben. Bei dringlichen Eingriffen wird das erhöhte Narkoserisiko gegenüber der Notwendigkeit des Eingriffes oder der Untersuchung abgewogen. Das erhöhte Narkoserisiko nach einem Infekt der Luftwege hält bis 2 Wochen nach Abklingen der Infektion an, d.h. also deutlich länger als sichtbare Symptome wie rinnende Nase, Husten u.ä. zu beobachten sind. Deshalb ist es möglich, dass Ihr Kinderarzt Ihr Kind für gesund befindet, der Narkosearzt jedoch zum Wohl des Kindes eine Verschiebung der Operation und der Narkose empfiehlt.
Die Prämedikationsvisite ist für den Anästhesisten wichtig, um bestmöglich für den geplanten Eingriff vorbereitet zu sein und gegebenenfalls weiter nötige Befunde anzuordnen. Außerdem wird Ihnen das benötigte Anästhesieverfahren im Detail vorgestellt, es werden Ihnen kurz die Abläufe im OP erklärt, sowie die Risiken und möglichen Komplikationen*5) erläutert. Man wird Sie darauf hinweisen, dass viele Medikamente *6)die benötigt werden nicht speziell für Kinder zugelassen sind. Dies ist ein weltweites, seit Jahrzehnten bekanntes Problem. Der Grund dafür ist, dass von den Pharmafirmen keine eigenen Studien bei Kindern vorgelegt werden können. Aus klinischer Erfahrung, Berichten in der Fachliteratur, sowie der Kenntnis der speziellen Bedingungen im Kindesalter weiß Ihr Anästhesist aber, welche Medikamente trotz mangelnder Zulassung („off label use“)*6)bei Ihrem Kind sicher angewendet werden können. Die Vorenthaltung von Medikamenten aus alleinigen Zulassungsgründen würde sogar einer Verletzung der ärztlichen Fürsorge-und Sorgfaltspflicht entsprechen.
Nachdem all Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit geklärt werden konnten und Sie mit der Durchführung des besprochenen Anästhesieverfahrens einverstanden sind, ist es notwendig eine Einverständniserklärung *3) zu unterzeichnen.
Am OP Tag soll Ihr Kind „nüchtern“ *7) bleiben. Das bedeutet, dass Ihr Kind keine Milch und feste Nahrung bis
6 Stunden vor dem Eingriff und keine Muttermilch bis 4 Stunden vor dem Eingriff zu sich nehmen darf. Das Trinken von klaren Flüssigkeiten ist allerdings bis zu 1 Stunde vor dem Eingriff möglich und sogar erwünscht. In den meisten Fällen erhält Ihr Kind eine sog. Prämedikation *8) also ein leichtes Schlafmittel als Sirup, Tablette oder Zäpfchen ungefähr eine Stunde vor Anästhesiebeginn. Um eine schmerzfreie Venenpunktion zu ermöglichen, wird eine „Zaubersalbe“ (Lokalanästhetische Salbe) mit Folie über eine entsprechende Vene (beispielsweise an Handrücken, Fußrücken, Ellenbeuge etc) geklebt.
Dann werden Sie und Ihr Kind von der Station in den OP-Bereich gebracht, wo das Team der Kinderanästhesie bereits auf Sie wartet. Sie besprechen noch einmal gemeinsam das weitere Vorgehen, eventuell neu aufgetretene letzte Fragen können hier noch geklärt werden, und Sie vereinbaren, wie Sie möglichst rasch nach dem Eingriff wieder bei Ihrem Kind sein können.
Nachdem Ihr Kind von unserem Kinderanästhesie Team begrüßt wurde, geht es nun gemeinsam in den Eingriffs-/ OP Bereich. Je nach geplantem Eingriff wählen die Kinderanästhesisten die nötigen Überwachungssysteme aus, um ständig während des Eingriffs alle wichtigen Körperfunktionen überwachen zu können. Falls noch nicht auf der Kinderstation geschehen, bekommt Ihr Kind eine "Leitung" (Venenzugang) gelegt, damit dann alle notwenigen Medikamente und Infusionsflüssigkeiten verabreicht werden können. Ihr Kind schläft dann rasch ein und spürt keine Schmerzen mehr.
Während der gesamten Operation ist immer ein Kinderanästhesist sowie eine Kinderanästhesie Pflegeperson anwesend. Vereinfacht könnte man sagen, dass der Anästhesist die Rolle des Flugpiloten übernimmt, der den gesamten Körper Ihres Kindes "steuert und ausgleicht". Nach vollendeter Operation setzt das Team wieder zum "Landeanflug" an und Ihr Kind wacht - so es nicht anders geplant wurde - im Operationssaal wieder auf. Sobald ihr Kind ausreichend wach ist, wird es in einen Aufwachraum gebracht und dort weiter betreut und überwacht. Sie werden vom betreuenden Team sofort telefonisch verständigt, damit Sie schnellstmöglich wieder bei Ihrem Kind sein können.
Postoperativ ist es wichtig, dass die Atmungsfunktion ungestört, Kreislauf, Körpertemperatur und Harnausscheidung stabil sind. Ganz besonders wichtig ist es, dass Ihr Kind eine ausreichende Schmerztherapie *8)erhält. Die Verabreichung von Schmerzmedikamenten erfolgt entweder über den Venenzugang oder durch Gabe von Lokalanästhetika über „Schmerzkatheter“, die bereits bei Anästhesiebeginn gelegt wurden.
In den meisten Fällen bleiben Sie und Ihr Kind solange auf der Aufwachstation, bis keine weitere Überwachung, spezielle Infusionstherapie oder Gabe von Schmerzmedikamenten seitens unseres Teams mehr nötig ist, und der Kinderanästhesist Ihr Kind noch abschließend gesehen hat. Danach werden Sie wieder zurück auf Ihre Kinderstation gebracht und können sich gemeinsam von dem Eingriff erholen. Das Trinken von klaren Flüssigkeiten oder Muttermilch ist in der Regel unmittelbar postoperativ möglich, sobald Ihr Kind richtig wach ist. Der zeitliche Abstand für Aufnahme von fester Nahrung richtet sich nach dem Eingriff und wird mit Ihnen besprochen.
In manchen Fällen ist es allerdings nötig, dass Ihr Kind noch ein wenig länger auf der Kinderaufwachstation bleibt oder auch auf die Kinderintensivstation übernommen wird, um dort zu einem späteren Zeitpunkt aufgeweckt zu werden. Das ist vor allem bei größeren Eingriffen der Fall, um Ihr Kind nicht weiter zu belasten und dem Körper möglichst viel Kraft für die Heilung zur Verfügung zu stellen.
Wenn dies der Fall ist, wird das vorab mit Ihnen in der Prämedikationsvisite besprochen und Sie können dann selbstverständlich Ihr Kind auch auf der Intensivstation besuchen.
Wir hoffen, wir konnten Ihnen hiermit einen Überblick über unsere Tätigkeiten geben. Weitere detaillierte Informationen zur Anästhesie erhalten Sie von Ihrem Anästhesisten oder sind durch Klick auf die markierten Begriffe zu finden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Team der Kinderanästhesie
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Letzte Aktualisierung am 26.11.2018
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